Der Helsinki Sauna Day – Tag der offenen Sauna

Helsinki Sauna Day 12.03.2016 / Sompasauna, Sompasaari Foto: Eetu Ahanen

[Gastbeitrag von Petra Martin] Die Sauna ist in Finnland allgegenwärtig und Du hast sicher schon gehört, dass es dort so viele Saunen gibt, dass sich statistisch gesehen zwei Finnen eine Sauna teilen können. Und da könnte man ja meinen, dass in Finnland jeder Tag „Sauna-Tag“ wäre. Aber es gibt einen Tag im Jahr, der tatsächlich so heißt: „Sauna-Päivä“ beziehungsweise Helsinki Sauna Day. An diesem Tag im März sind Saunen geöffnet, die normalerweise nicht für die Öffentlichkeit zugänglich sind – private Saunen, Saunen im Studentenwohnheim oder im Hotel. Und weil ich ein großer Fan der finnischen Sauna bin, bin ich letztes Jahr extra zum Helsinki Sauna Day geflogen. Damit Du Dir vorstellen kannst, was Dich dort erwartet, habe ich meine Erlebnisse mal zusammengefasst.

Planung ist das A & O beim Helsinki Sauna Day

Aller Anfang ist die Planung! Um den Sauna-Tag entspannt genießen zu können, ist es sinnvoll, sich bereits vorab bei den verschiedenen Saunen anzumelden. Die meisten Angebote kannst Du nämlich nur nutzen, wenn Du Dich angemeldet beziehungsweise eingetragen hast. Den jeweils aktuellen Plan der teilnehmenden Saunen findest Du hier auf der offiziellen Seite der Veranstaltung. Dieser wird im Vorfeld des entsprechenden Events ständig erweitert und auf dem neuesten Stand gehalten. Reinschauen und Dranbleiben lohnt sich also. Helsinki Sauna Day – es kann los gehen!

Was Du unbedingt mitbringen solltest

Bei der Online-Übersicht der einzelnen Saunen steht auch, was geboten wird und was Du mitbringen musst – in aller Regel Dein Handtuch. Sinnvoll sind auch Badeschlappen und manchmal auch ein Badeanzug beziehungsweise eine Badehose. In Finnland wird oft geschlechtergetrennt sauniert, manchmal aber auch gemeinsam. Und da wird dann Badebekleidung getragen. Wenn Du es richtig „finnisch“ willst, setzt Du Dir einen Sauna-Hut auf. Der soll den Kopf vor zu großer Hitze schützen. Ebenfalls wichtig: Trinken! Wer schwitzt, verliert Flüssigkeit und Mineralien, deshalb solltest Du unbedingt viel trinken. Wasser ist immer gut, aber auch Saftschorlen oder ein Bier sind möglich. Und wenn Du den ganzen Tag von Sauna zu Sauna ziehst, solltest Du auch eine Mahlzeit einplanen.

Helsinki Sauna Day 12.03.2016 / Lapinlahti

Wer möchte, genießt ein kühles Bierchen beim Helsinki Sauna Day (Foto: Eetu Ahanen)

Huopalahden Sauna – Schwitzen an einem Bahnhof

Meine erste Sauna am Helsinki Sauna Day war eine ganz besondere: Huopalahden Sauna. Mit dem Zug fahre ich nach Huopalahti. Das Wetter an diesem März-Tag ist grau: Die Wolken hängen tief und obwohl es Mittag ist, ist das Licht diffus. Der Schnee auf den Straßen und Gehwegen ist auch grau und leicht matschig. Es ist nicht wirklich kalt, um den Gefrierpunkt. Aber diese graue Feuchtigkeit ist ungemütlich. Genau das richtige Wetter, um in die Sauna zu gehen. Ich verlasse den Bahnsteig, denn die Sauna ist genau am Bahnhof. Kein Wunder, das alte Bahnhofsgebäude aus weißem Holz wird von der finnischen Bahn nicht mehr gebraucht und so hat es Liisa Akimof 2013 gekauft. Und wie sich das in Finnland so gehört, gehört zum Bahnhof auch eine Sauna. Liisa sägt gerade Holzlatten in kleinere Stücke, als ich auf das kleine rote Ziegelhäuschen zusteuere. Darin ist die Sauna.

Bahnhof Huopalahti, Helsinki

Das alte Bahnhofsgebäude von Huopalahti

Rund um das Ziegelhäuschen stehen ein paar Häuser aus Holz. Das größte ist weiß und steht am nächsten an den Gleisen. Das war früher der Bahnhof. Doch heute ist aus dem Vorort-Bahnhof eine gesichtslose S-Bahn-Station geworden. Liisa wohnt hier und bietet in dem großen Haus Lesungen und andere Kultur-Events an. Die Sauna ist eigentlich nur für die Bewohner des Areals. Heute, am Helsinki Sauna Day, können auch Besucher kommen. Vorausgesetzt, sie haben sich angemeldet und Glück gehabt. Zweimal acht Plätze gibt es. Eine Runde für Frauen, eine Runde für Männer. Wie das in Finnland traditionell so ist.

Sauna in Huopalahti, Helsinki

Das Saunagebäude in Huopalahti ist normalerweise nur für Bewohner des Areals zugänglich

Saunatradition seit mehr als 100 Jahren

Seit 1910 gibt es die Sauna, erzählt Liisa. Sie war einst für die Bahnarbeiter gedacht. Es ist eine alte, einfache Sauna, etwa zehn Quadratmeter groß. Die Wände sind betongrau, eine steile Holzleiter führt zu der Sauna-Bank, auf der wir später zu acht Platz haben. Durch das Fenster dringt das diffuse Nebelwintergrau in den Raum. In der Ecke stehen zwei Öfen: Einer mit großen Steinen oben drauf, der Kiuas, also der Sauna-Ofen. Der andere ist eine Wassertonne, hier wird das Wasser erwärmt. Wer sich waschen will, muss das mit einer Schüssel machen, auf die ganz altmodische Art. Duschen gibt’s nämlich keine. Es atmet den Charme der Vergangenheit.

Huopalahden Sauna, Helsinki

Urig und ganz traditionell: Die Huopalahden Sauna in Helsinki

Die Sauna wird mit Holz beheizt, was eine sehr schöne Wärme ergibt. Es ist keine so trockene Luft wie ich es aus Deutschland kenne. Was auch daran liegen könnte, dass wir viele Aufgüsse machen. Auch das macht in Finnland kein Sauna-Meister, der zur vollen Stunde kommt, sondern die Sauna-Gäste selbst. In unserem Fall ist das Johanna, die mit Sauna-Hut und Sauna-Tattoo – ein Holzeimer und ein Birkenbündel – ein echter Fan des Schwitzens ist.

Abkühlung im Schnee und hinterher Kaffee

Und was kann ich sagen? Es ist einfach nur schön. Wir sitzen wie die Hühner auf der Stange, genießen die Wärme und plaudern. Sehr entspannt. So gefällt mir das. Und zum Abkühlen geht’s in den Schnee! Ich gehe erst ein bisschen auf und ab, atme die frische Luft ein. Dann wage ich es und lege mich kurz in den weißen Schnee. Schön! Auch Elisa schnappt frische Luft und ist begeistert von der alten Sauna und der Umgebung: „Es ist schon lustig, da warten die Fahrgäste am Bahnsteig auf den Zug, während wir hier im Schnee liegen. Wir haben quasi Publikum!“ Der Zug fährt ein und nimmt die Wartenden mit. Und auch wir warten nicht länger, sondern steigen in die Sauna – für die zweite Runde.

Kaffee und Kuchen nach der Sauna

Nach dem Saunagang stehen Kaffee und Kuchen für die Gäste bereit

Liisa hat nicht nur die Sauna angeheizt, sie hat auch die Kaffeemaschine angemacht und gegen eine kleine Spende gibt’s sogar einen Kuchen mit Äpfeln aus dem Bahnhofsgarten. In der Waschküche stehen neben zwei großen Waschmaschinen zwei 50er-Jahre-Sessel und ein Nierentisch. Und während ich mir zum Abschluss Kaffee und Kuchen schmecken lasse, ist die Frauen-Zeit in der Sauna auch schon vorbei und die Männer kommen.

Sägebock an der Huopalahden Sauna, Helsinki

Wer selber sägt, hat sich das Saunavergnügen umso mehr verdient!

Peter hat sich gleich mal die Säge geschnappt: „Wenn jemand schon so nett ist und kostenlos eine Sauna anbietet, will ich meinen Teil dazu beitragen, dachte ich mir. Und ich hatte Recht: Es ist noch kein anderer da… ja, warum nicht? Im Stadtleben machst du das nicht so oft, aber im Sommer ist es ganz normal – nur nicht im Winter.“ Liisa hatte in ihrer Sauna-Beschreibung erwähnt, dass sie sich freut, wenn jemand beim Holzsägen hilft. Wir Mädels haben das nicht gemacht, aber die Jungs sind ganz fleißig. Nach und nach trudeln die Männer ein, jeder greift zur Säge und sägt ein bisschen. Alle haben gute Laune und ich finde es schade, dass ich weiterziehen muss.

Das Sauna-Dorf im Museumsinnenhof

Mit dem Zug fahre ich zurück ins Zentrum von Helsinki. Unweit des Bahnhofs befindet sich das Nationalmuseum und dort ist im Innenhof ein ganzes Sauna-Dorf zum Helsinki Sauna Day aufgebaut worden. Ein Zelt dient als Umkleide, rundherum stehen Imbisswagen, die aber keine Wurst braten, sondern mobile Saunen sind. In die kleine Tubi-Sauna passen gerade mal sechs Besucher, in die Rauchsauna etwa zehn. Viel Platz ist nicht und so wuseln die Besucher auf dem Platz zwischen den Sauna-Anhängern umher. Nur mit einem Handtuch bekleidet, manche sogar barfuß.

In einem der Anhänger ist sogar ein Whirlpool angekarrt worden. Hierher kannst Du auch ohne Anmeldung kommen, Badebekleidung ist jedoch Pflicht. Mir persönlich war das Gewusel zu viel. Aber hier wird auch mal wieder bestätigt, was ich schon öfter in der finnischen Sauna erlebt habe. Es stimmt nicht, dass die Finnen pauschal so schweigsam sind. Sie sind sehr gesprächig, besonders, wenn es um die Sauna geht. Wenn Du das also erleben willst, ist der Helsinki Sauna Day Dein Tag. Die Saunen sind kostenlos und Du hast also nichts zu verlieren – kannst aber sehr viel gewinnen.

Sauna-Dorf im Museumsinnenhof, Helsinki Sauna Day

Das Sauna-Dorf im Museumsinnenhof

Vom Sauna-Geist und netten Begegnungen

Meine nächste Sauna ist die im GLO Hotel Art. Das Jugendstil-Haus wirkt von außen fast wie eine Burg. Die Mauern bestehen aus großen Granitsteinen, die Holztür ist schwer und mit Eisen beschlagen. Über dem Eingang thront ein Turm. Und im obersten Stockwerk, unterhalb des Turms, ist die Sauna ”Torni”. Die Sauna steht in ihrer Einfachheit in starkem Kontrast zu den dicken Mauern, den schweren Türen und massiven Möbeln, die im Hotel stehen. Es ist eine recht schlichte, elektrisch beheizte Hotelsauna für etwa zehn Leute.

Es ist Frauenrunde und kaum sitzen wir auf den Bänken, wirft eine Frau auch schon einen Aufguss. Dreimal. Warum eigentlich? Reicht nicht eine Schöpfkelle Wasser? Sie ist von der finnischen Sauna-Society und erklärt: ”Einige sagen, dass der Sauna-Geist es mag, wenn du dreimal wirfst. Dann ist er zufrieden und macht den schönsten Dampf. Vielleicht muss man auch einfach zuhören, als ob du mit einem Menschen sprichst: Wie reagiert der Ofen? Beim ersten Mal weißt du es, beim zweiten Mal bist du besser und beim dritten Mal seid ihr befreundet – das wäre eine rationale Erklärung.” Manche sagen auch, dass man beim dritten Mal im Dunklen einfach die beste Chance hat, den Ofen auch zu treffen.

Helsinki Sauna Day 12.03.2016 / Radison Blu Seaside, Ruoholahti

Schwitzen in geselliger Runde macht noch mehr Freude (Foto: Eetu Ahanen)

Ich treffe hier auf Laura und Marjo. Die beiden Freundinnen sind schon den ganzen Tag von Sauna zu Sauna unterwegs. Der Helsinki Sauna Day ist für die beiden der wichtigste Tag im Jahr. Seit Anfang Januar haben sie akribisch geplant, damit sie möglichst viele Saunen besuchen können. Sie waren schon auf einem Boot, einer Sauna mit Dachterrasse und im Hostel. Jetzt sind sie hier. Der Sauna-Tag ist irgendwie ein Event, ein Festival. In jeder Sauna treffe ich auf neue Leute. Die alte und einfache Sauna der Eisenbahner ist so ziemlich das Gegenteil von der Hotelsauna und vor allem ist der Aufenthaltsbereich hier sehr viel mondäner, mit Ledersesseln und einem schweren Holztisch. Dazu gibts kostenlose Getränke – und sogar Bier. Spontan beschließen Laura und Marjo, mich zu ihrer nächsten Sauna mitzunehmen. Zu einem neu gebauten Studentenwohnheim.

Sauna-Vergnügen im Studentenwohnheim

Das Wohnheim im Quartier Kalasatama ist sehr modern und deshalb ist hier die Sauna nicht im Keller untergebracht, sondern im obersten Stockwerk. Mit Schnee auf der Dachterrasse zum Abkühlen. Die Sauna ist winzig klein, nur sechs Leute haben Platz. Trotzdem ist Jan-Erik, der Vorsitzende im Wohnheim, stolz, dass seine Sauna jedes Jahr beim Helsinki Sauna Day dabei ist. Inzwischen ist es schon spät, 20 Uhr. Unsere Bikinis sind feucht, wir wollen sie nicht mehr anziehen. Die Mädels beratschlagen sich und auch die Studentenwohnheimjungs meinen, dass wir alle gemeinsam nackt in die Sauna gehen können.

Ich kenne das ja aus Deutschland gar nicht anders, deshalb ist mir die Entscheidung ganz recht. Ein bisschen komisch ist es dann schon, als wir so ganz nah beieinander sitzen und uns unterhalten – wie in einer Bar. Nur, dass wir eben nackt sind. Vesa macht einen Aufguss, dass uns ganz schnell heiß wird! Und dann nichts wie raus – auf die Dachterrasse und in den Schnee. Einmal tief durchatmen und dann rein ins kühle Weiß. Herrlich!

Schild Helsinki Sauna Day

Ein wirklich außergewöhnliches Erlebnis – der Helsinki Sauna Day

Immer wieder Helsinki Sauna Day

Inzwischen ist es 22 Uhr. Die Studentensauna schließt, alle ziehen sich wieder ihre warmen Hosen, Schuhe und Jacken an. Zeit zum Aufbruch und auch wir Mädels machen uns auf den Heimweg. Ein ereignisreicher Tag mit viel Entspannung und schönen Eindrücken neigt sich seinem Ende zu. ”Ich fühle mich erschöpft, weil ich zwölf Stunden lang in der Sauna war. Es gefällt mir, aber jetzt bin ich fertig. Es ist Zeit fürs Bett und zum Wassertrinken. Ich befürchte, dass ich mich morgen verkatert fühle wegen der Dehydrierung. Jetzt heißt’s warten bis nächstes Jahr. Aber ich bin sicher, dass wir unseren Rekord nochmal verbessern: wir waren in sieben oder acht Saunen – also nächstes Jahr dann neun – mindestens!”, sagt Marjo auf dem Nachhauseweg. Die Mädels sind so nett, dass sie mich noch begleiten, bis ich mich wieder zurecht finde.

Mein Fazit zum Helsinki Sauna Day: Es ist eine ganz besondere Stimmung, wie auf einem Festival. Wenn Du ein bisschen offen bist, wirst Du interessante Gespräche führen und nette Leute kennenlernen. Ich bin alleine zum Sauna-Tag gefahren, aber Du kannst natürlich auch mit Deiner Freundin oder Deinem Freund fahren. Wer als Pärchen unterwegs ist, sollte aber bedenken, dass in manchen Saunen eben geschlechtergetrennt sauniert wird und das bedeutet oft, dass zuerst eine Stunde die Frauen an der Reihe sind und danach die Männer. Das könnte die Planung etwas erschweren. Mit der richtigen Vorbereitung steht einem unvergesslichen Erlebnis aber nichts im Wege. Vielleicht sehen wir uns ja beim nächsten Helsinki Sauna Day?

Autorin Petra MartinÜber die Autorin: Petra Martin aus München hat lange gebraucht, um endlich mal nach Finnland zu fahren. Ein erster Kurzbesuch stand 2009 an, mit der Fähre von Tallinn nach Helsinki. Und da hat sich die Bayerin in die finnische Hauptstadt verliebt. Kein Wunder, bei Sonnenschein an einem Juni-Tag! Inzwischen lernt die Journalistin und Bloggerin seit gut drei Jahren Finnisch und ist begeistert – von Land, Leuten und Sprache. Sie war zweimal im Winter in Lappland und mehrmals in Helsinki. Alte Liebe rostet nicht! Und weil sie gerne schwimmt und in die Sauna geht, fühlt sie sich in Helsinki sehr gut aufgehoben, auch wenn das „richtige“ Zuhause noch in Bayern ist. Zur Überbrückung der „finnlandlosen“ Zeit gibt’s Schokolade von Karl Fazer – solange der Vorrat reicht. Und spätestens, wenn der aufgebraucht ist, steht die nächste Finnland-Reise an. Mehr über Petras Schwimmleidenschaft und das Abenteuer Eisschwimmen findest Du auf ihrem Blog. Außerdem ist Petra bei Twitter und Instagram.

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2 Comments

  1. 1

    Könnt ihr mir weiterhelfen:

    Wir sind begeisterte Saunagänger und möchten unbedingt zum Helsinki Sauna Day – Tag der offenen Sauna 2024.
    Wie können wir rausfinden, wann dieser stattfindet?

    Vielen Dankfür eure Hilfe – beste Grüße,
    Sandra

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