Wenn Dein Herzensland plötzlich geschlossen hat…

Wenn das Herzensland geschlossen hat

Die Welt steht Kopf. Coronavirus, Corona-Krise. Lockdown, Ausgangssperre lauten die Schlagwörter, die uns momentan um die Ohren fliegen. Grenzen werden geschlossen, Flugverbindungen eingestellt. Was sich anhört wie aus einem Endzeitthriller, ist auf einmal Realität. Derweil ist es erst wenige Wochen her, dass wir unsere Sommerreise nach Finnland gebucht haben. Wie unzählige andere Suomi-Fans und Reisende überhaupt sitzen wir nun auf glühenden Kohlen. Was kürzlich undenkbar schien, ist aktuell Fakt: Das Herzensland hat geschlossen und es ist völlig unklar, wann es seine Türen wieder für uns öffnen wird.

Ist das sommerliche Auftanken im Herzensland gefährdet?

Was da im Rahmen der Maßnahmen gegen Corona geschieht, ist krass. Schenkt man den Aussagen von Virologen und Medizinern Glauben, können wir uns darauf einstellen, dass sich das Ganze noch über viele Monate hinziehen wird. Ist das lange ersehnte Auftanken am finnischen See also ernsthaft gefährdet? Ich möchte momentan gar nicht darüber nachdenken und hoffe, alles schwächt sich noch ab. Aber es ist schon ein ziemlich merkwürdiges Gefühl, aktuell einfach nicht dort hinzudürfen.

Letzter Abschied unter gänzlich anderen Vorzeichen

Als ich das letzte Mal in Helsinki in den Flieger stieg, waren die Vorzeichen gänzlich andere. Es war zwar ein kühler Novembermorgen, aber die Stimmung war heiter bis euphorisch. Die finnische Fußball-Nationalmannschaft hatte sich am Vorabend erstmals für eine Europameisterschafts-Endrunde qualifiziert und dementsprechend war die ganze Hauptstadt eine einzige Party. Mittlerweile ist eben diese Europameisterschaft auf 2021 verschoben worden und ich weiß nicht, wann ich wieder in Helsinki aus dem Flugzeug steigen kann. Zwar habe ich im Juni noch einen Flug gebucht, aber ob ich diesen werde antreten können, erscheint unsicher. Wie schnell sich die Zeiten ändern können.

Anzeigetafel am Helsinki Airport

Bei meinem letzten Abschied aus Finnland deutete nichts darauf hin, was wenige Monate später passieren sollte

Offene Grenzen sind keine Selbstverständlichkeit

Zumindest bis Mitte April hat die finnische Regierung ganz klare Regeln festgelegt. Ins Land dürfen nur finnische Staatsbürger und all diejenigen, die einen festen Wohnsitz im Land haben. Damit bin ich – trotz meiner finnischen Wurzeln – gerade faktisch ausgesperrt aus meinem Herzensland. Es erscheint einem unwirklich, geradezu bizarr, und ist doch so real.

Und genau in diesem Moment wird mir bewusst, wie verwöhnt wir eigentlich in den letzten Jahrzehnten waren. Offene Grenzen – auch innerhalb Europas – sind keine Selbstverständlichkeit, ebenso wie die Reisefreiheit im Grunde genommen erst eine Errungenschaft der heutigen Zeit ist. Die momentane Krise führt uns auf brutale Art und Weise vor Augen, wie zerbrechlich diese Errungenschaften und Freiheiten tatsächlich sind und wie schnell sie auf die Probe gestellt werden können.

Finnisches Mökki am See

Gerade in diesen turbulenten Zeiten vermisse ich die finnische Natur und die Ruhe

Reisen: Alltag oder Luxus?

Irgendwo wurde einmal diskutiert, dass ein „Recht auf Reisen“ gesetzlich festgeschrieben werden sollte. Für die meisten von uns ist wenigstens eine jährliche Urlaubsreise zumindest etwas vollkommen Normales. Aufgrund günstiger Angebote ist Reisen heutzutage für fast alle erschwinglich. Was früher ein Luxus war und ein besonderes Privileg für alle, die es sich überhaupt leisten konnten, ist „normal“. Vielleicht wussten wir es in den letzten Jahren überhaupt nicht mehr richtig zu schätzen?

Das Privileg, reisen zu dürfen, war etwas Alltägliches für viele von uns geworden. Eben noch Sonne tanken auf Mallorca, dann mal ein Kurztrip nach London – und dann natürlich zum Sommerurlaub ins Herzensland. Vielleicht haben wir es teilweise übertrieben und konnten aufgrund des selbst geschaffenen Freizeitstresses die einzelnen Reisen gar nicht mehr so genießen, wie es angebracht gewesen wäre. Ich denke, wenn das Coronovirus etwas „Gutes“ hat, dann die Gelegenheit für uns, über solche Dinge nachzudenken und uns selbst an manchen Punkten zu hinterfragen.

Weg zum Mökki im Dunklen

Behalten wir das Licht am Ende des Tunnels fest im Blick!

Reisen wieder bewusster genießen

Ich zumindest habe mir eines vorgenommen: Ich möchte jede einzelne Reise in Zukunft noch bewusster genießen. Weniger ist manchmal mehr. Vor allem aber möchte ich jede Minute in Finnland zukünftig innerlich noch kräftiger feiern und mir vor Augen führen, was für ein Geschenk es ist, dort Zeit verbringen zu dürfen. Bis es wieder so weit ist, versuche ich mich mit Erinnerungen an das Herzensland über Wasser zu halten und die Zuversicht nicht zu verlieren, dass vielleicht ja sogar unsere Sommerreise dorthin noch stattfinden kann.

Wie geht es Dir mit der Situation, dass wir derzeit nicht in unser Herzensland Finnland reisen dürfen? Bist Du vielleicht sogar selbst betroffen mit einer Reise, die Du – voraussichtlich – nicht antreten kannst? Teile Deine Gedanken gerne mit mir über das Kommentarfeld weiter unten!

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8 Comments

  1. 1

    Wenn es dich nur das auftanken wäre. Ich führe eine Fernbeziehung. Die Schmerzen kann sich keiner vorstellen. Nicht zu wissen, wann man die geliebte Person Wiedersehen kann 🙁 Ich wünsche allen Kraft

    • 2

      Hei,

      das ist für Dich dann allerdings eine Belastung, die sich wohl niemand vorstellen kann, der nicht in der Situation drin ist. Ich schicke Dir ganz viel Kraft und Hoffnung, dass es bald vorüber ist und ihr euch wieder sehen könnt!

      LG,
      René

  2. 3

    Wir sind kurz vor der Schließung der Grenzen planmäßig nach Hause geflogen. Es war ein beschissenes Gefühl, vor allem als man am Check in sagte, wir würden genau zum richtigen Zeitpunkt fliegen aufgrund der Grenzschließung. Finnland ist für mich mein zweites Zuhause geworden. Es tut weh. Der nächste Trip war für Ende Juni angedacht, aber ehrlich gesagt glaube ich nicht daran.
    Man kann jetzt nur dankbar für das sein, was man hatte und hoffen, dass wir alle gut durch diese Zeit kommen.

    • 4

      Hallo Katharina,

      vielen Dank für Deinen Erfahrungsbericht und Einblick in Deine Gefühlswelt! Ich kann es mir sooo vorstellen, wie hart dieser Abschied gewesen sein muss. Ende Juni wollte ich eigentlich auch wieder dort sein. Die Hoffnung stirbt zuletzt!

      Alles Liebe,
      René

  3. 5

    Hallo Rene, deine Gedanken sind meine.
    In Bezug auf Trauer nicht ( wie geplant) nach Finnland reisen zu können.Mein letzter Besuch war ebenfalls verbunden mit der ausgelassenen Freude zur Quali für die EM.
    Doch auch die Gedanken zu offenen Grenzen und dem Geschenk des Reisens teile ich zu 100%.
    Es ist auch ein großes Thema mit Freunden und Familie.
    Ich bin ja schon etwas älter und da ich direkt an der französischen Grenze lebe,kenne ich bis in meine Jugendzeit Grenzschranken.
    Ich hatte erst ab dem Alter von ca.30Jahren überhaupt die Möglichkeiten( finanziell) zu Reisen.
    Beide positiven Veränderungen (offenes Europa/Welt,Reisen) habe ich stets dankbar geschätzt.
    Dies wird jetzt nochmals verstärkt.
    Auch habe ich erst vor einiger Zeit meine persönliche “ Freiheit“ gefeiert,da ich in den Ruhestand ging. Schmerzhaft spürt man nun welch empfindliches Gut diese Freiheit ist,obwohl sie nur in einem kleinen Teil durch Corona begrenzt ist.
    Ich wünsche mir für Finnland und die Welt,dass wir die Herausforderung bewältigen und
    NÄHER ZUSAMMENRÜCKEN,OBWOHL WIR DERZEIT PHYSISCH ABSTAND HALTEN MÜSSEN.
    In diesem Sinne dir und deinen Lieben alles Gute,Gesundheit und Zuversicht.
    Lieben Gruß
    Christa aus Saarbrücken

    • 6

      Liebe Christa,

      es freut mich, dass Du Dich in meine Gedankengänge so gut hineinversetzen konntest! Ich glaube, es ist tatsächlich so, dass Menschen Deiner Generation das insgesamt noch viel mehr zu schätzen wissen mit Reisefreiheit und Co., weil sie es eben aus früheren Zeiten noch anders kennen.

      Vielen Dank auch für Deine lieben Wünsche, die ich natürlich auch an Dich so zurück schicke! Auch wenn es gerade hart ist, würde ich mich auch freuen, wenn zumindest viele Menschen im Herzen wieder enger zusammenrücken würden in diesen Zeiten.

      Alles Gute,
      René

  4. 7

    TERVE, Rene!
    Diese Woche Donnerstag wären wir nach Helsinki geflogen, um zum erstmals Vappu zu feiern und kennen zu lernen … wir wollten erstmals mit der Runeberg nach Porvoo schippern, durch den Kaivopuisto Park spazieren, das Löyly besuchen, die Frühlingssonne am Hafen geniessen und wieder finnisches Sisu auftanken … leider nicht möglich und das stimmt unbeschreiblich wehmütig! 😥
    Aber ich wäre nicht ich, wenn da nicht die Hoffnung und Zuversicht wären, die den Wunsch erfüllen, im Oktober diesen Jahres doch noch ins Herzensland Finnland reisen zu dürfen um all das zu sehen 🍀💕🇫🇮 … sicher dann mit noch mehr Liebe, Dankbarkeit und Wertschätzung im Gepäck!
    Minä rakastan suomea!
    Terveisin, Dorothee

    • 8

      Liebe Dorothee,

      oh nein, das ist ja wirklich ärgerlich und ich kann Deine Wehmut mehr als nachvollziehen. Traurig sein ist vollkommen normal und das sollte man sich auch eingehen. Wichtig ist es, dass wir dann doch positiv in die Zukunft schauen, so wie Du es ja auch tust! 🙂 Ich wünsche Dir und uns allen, dass die zukünftigen Reisen dann wieder hinhauen. Wir werden Sie ganz gewiss noch mehr wertzuschätzen wissen! 🙂

      LG,
      René

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