Ich finde es immer wieder erstaunlich, wie lebendig und vielfältig die finnische Literaturszene ist, obwohl in diesem Land gerade einmal etwa 5,5 Millionen Menschen insgesamt leben. Doch das Lesen ist als fester Bestandteil der finnischen Kultur verankert. Davon zeugt alleine schon die beeindruckende Dichte an Bibliotheken. Selbst auf dem Land wird eine Versorgung der Bevölkerung mit Büchern durch mobile Büchereien –„Kirjastoauto“ – sichergestellt. So hat Finnland denn auch einige namhafte Schriftsteller wie Leena Lehtolainen, Arto Paasilinna oder Taavi Soininvaara hervorgebracht. Aber es gibt selbstverständlich auch jede Menge unbekannterer Talente, auf welche der Verein Das finnische Buch e.V. in besonderem Maße seinen Fokus gelegt hat.
10 Jahre Das finnische Buch e.V.
Aber was ist das eigentlich für ein Verein, der seinen Sitz in Berlin hat und sich die Verbreitung finnischer Literatur im deutschsprachigen Raum auf die Fahnen geschrieben hat? Mein erster Kontakt mit Das finnische Buch e.V. war bei einer Feier des Finnland-Instituts, wo mich Institutsmitarbeiterin Marion Holtkamp mit der freiberuflichen Übersetzerin Petra Sauerzapf-Poser bekannt machte. Sie gehörte neben ihrem Mann Burkhart E. Poser zu den Gründungsmitgliedern, die den Verein vor mittlerweile mehr als zehn Jahren aus der Taufe hoben. Ich habe die beiden in der deutschen Hauptstadt besucht und dabei einiges Spannendes über den Verein erfahren…
Gründung auf einer Berliner Dachterrasse
Der Himmel über Berlin sieht düster aus, als ich wie vereinbart beim Ehepaar Poser klingele. Trotz Aufzug müssen noch ein paar Treppen bewältigt werden, um die Wohnung zu erreichen. Dann sitzen wir auf der Dachterrasse der beiden und hoffen, dass das Wetter hält. Windbeutel und Kaffee werden serviert und wir beginnen zu plaudern. „Am 20. September 2009 wurde der Verein Das Finnische Buch gegründet und zwar genau hier oben“, lacht Petra. „Der Anstoß kam von mir“ ergänzt der ehemals aus Niedersachsen stammende, pensionierte Amtsanwalt Burkhart. „Ich war viele Jahre lang stellvertretender Vorsitzender der Deutsch-Finnischen Gesellschaft auf Bundesebene und habe dort irgendwann aufgehört, weil ich der Ansicht war, es müssen mal Jüngere ran. Nun gut, mein Nachfolger war dann sogar ein Jahr älter“, schmunzelt er.
„Eine meiner Hauptaufgaben bei der DFG war es, Gelder dafür zu besorgen, dass wir finnische Bücher, die ins Deutsche übersetzt wurden, oder Bücher über Finnland finanziell unterstützt haben. Da sind im Jahr bis zu 30.000 D-Mark zusammenbekommen. Nach meinem Ausscheiden als Vorsitzender hätten sie mich zwar gerne für diese Aufgabe noch dabei behalten“, führt Burkhart weiter aus. „Aber ich war mit den Strukturen nicht mehr so ganz einverstanden, wollte diese Sache aber dennoch gerne fortsetzen.“ Somit kam eines zum anderen und mit neun oder zehn Leuten erfolgte schließlich die Gründung des Vereins Das finnische Buch e.V.
Unterstützung von Lesungen – nicht nur in der Hauptstadt
Eine erste Hürde war es, als gemeinnütziger Verein anerkannt zu werden, da die Voraussetzung dafür bei einer finanziellen Unterstützung einzelner Bücher nicht gegeben war. Daher wurde die Satzung dahingehend geändert, dass zwar nicht die Herausgabe unterstützt wird, sondern der Verein Das finnische Buch nach dem Erscheinen entsprechender Werke ins Spiel kommt. „Wir unterstützen also die Bekanntgabe der literarischen Werke, allen voran in Form von Lesungen, die wir organisieren.“ Für diese Zwecke gibt der Verein jährlich immerhin etwa 6.000 Euro aus.
„Am Anfang konzentrierte sich alles auf Berlin und Brandenburg. Mittlerweile haben wir auch Mitglieder in Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, Thüringen und Hessen. Lesungen haben beispielsweise schon in Niedersachsen, in Hamburg oder in Schleswig beim Norden-Festival stattgefunden, wo wir mit Juhani Seppovaara einen seit Jahren in Berlin lebenden Finnen hingeschickt haben“, erzählt Burkhart. Das Buch von Autor und Fotograf Seppovaara, in welchem er von einer Motorradtour quer durch Finnland berichtet, ist auch in deutscher Sprache erschienen*.
Einblicke in die Welt der Autoren und Übersetzer
Nun ergreift Petra das Wort und berichtet von einem weiteren Projekt, das dem Verein Das finnische Buch e.V. sehr am Herzen liegt. „Wir haben eine Serie aus der Taufe gehoben, in deren Rahmen wir fast jedes Jahr im Winter einen Prominenten einladen, der über seine Arbeit berichtet. Das können zum Beispiel Übersetzer sein, deren Namen man kennt und immer mal wieder in Klappentexten von Büchern lesen kann. Aber nur wenige wissen, was es bedeutet, als literarischer Übersetzer tätig zu sein. Hier möchten wir Einblicke geben“.
Als die in Finnland sehr bekannte Autorin Eppu Nuotio für einige Zeit in Berlin lebte, ergriff der Verein direkt seine Chance und organisierte zwei Veranstaltungen zusammen mit ihr. „Wir versuchen, so vielschichtig wie es irgendwie möglich ist aktiv zu sein. Alles, was im direkten oder indirekten Sinne mit Büchern und Literatur zu tun hat, wollen wir gerne fördern.“ Die nächste Veranstaltung der Reihe findet Anfang 2020 statt und Prof. Dr. Marko Pantermöller, Lehrstuhlinhaber für Fennistik an der Universität Greifswald, wird zu Gast sein.
Der Verein Das finnische Buch e.V. organisiert jedoch nicht nur öffentliche Veranstaltungen, sondern viele Mitglieder engagieren sich auch im privaten Bereich, indem sie zum Beispiel Seniorenresidenzen besuchen und den dortigen Bewohnern aus Büchern vorlesen. Eine wirklich tolle Sache, wie ich finde! „Die älteren Damen freuen sich immer sehr und ziehen sich sogar extra ihre schönsten Sachen an, wenn es wieder soweit ist“, schwärmt Petra. „Auch mit Kindern haben wir so etwas schon gemacht, was ebenfalls gut ankam.“
Büchergeschenke an Schulen und Bibliotheken
Du glaubst, das war schon alles, was dieser Verein auf die Beine stellt? Weit gefehlt! „Wir verschenken auch Bücher, etwa an Schulen oder Bibliotheken. Wenn es sich ergibt, bekommen die ein Bücherpaket von uns“, erläutert Petra. „Außerdem retten wir Bücher, etwa wenn es um Nachlässe geht und die Werke ansonsten weggeworfen würden.“ – „Als das Finnland-Institut neulich umzog und aus Platzgründen eine Reihe von Büchern loswerden musste, haben wir erstmal elf Kartons davon bei meiner Schwiegermutter gelagert“, ergänzt Burkhart. Schließlich fand ein großer Teil der Werke über die Verbindung zu Professor Pantermöller in der Uni Greifswald ein neues Zuhause.
Der nicht ganz unbekannte Verleger Heiner Labonde ist im Übrigen ebenfalls Mitglied bei Das finnische Buch. Er hat in seinem Verlag beispielsweise die kurzweiligen „Finn-Bücher“ von Eberhard Apffelstaedt veröffentlicht, aber auch das Buch „Falsche Farbe“ der bereits erwähnten Finnin Eppu Nuotio.
Stetiger Mitgliederzuwachs
Im Laufe der Jahre hat der Verein Das finnische Buch e.V. einigen Autoren hierzulande eine Plattform geboten und ist dabei klammheimlich, still und leise auch selbst stetig gewachsen. Mittlerweile besteht er aus immerhin 26 Mitgliedern, von denen sich ein großer Teil auch aktiv beteiligt. „Das Schöne ist, dass Suvi Wartiovaara vom Finnland-Institut auch bei uns Mitglied im Vorstand ist, so dass uns diese Räumlichkeiten für Veranstaltungen zur Verfügung stehen“, berichtet Burkhart.
„Tatsächlich ist es übrigens so, dass längst nicht alle Mitglieder unbedingt schon seit Jahren finnlandbegeistert waren, sondern einige haben wir dann auch erst nach und nach davon überzeugt.“ Natürlich gibt es aber auch einige echte Finnen, die mit dabei sind. Neben mehreren Übersetzern und dem Verleger Labonde sind auch Journalisten, Buchhändler, ein Bibliothekar und eine Historikern an Bord – eine bunte Mischung, bei der jeder naturgemäß seine Spezialinteressen hat.
Was sie alle vereint, ist die Begeisterung für finnische Literatur und Kultur, Völkerverständigung und eine tiefe Verbundenheit zu Finnland. Diese hat auch Burkhart diesen Sommer wieder ausgiebig ausgelebt im Rahmen eines monatelangen Mökki-Aufenthalts. Was könnte es auch für einen besseren Ort geben, um sich vom Trubel der Großstadt eine Auszeit zu nehmen? Wir sitzen noch eine ganze Weile zusammen auf der Dachterrasse mit Blick auf die Berliner Skyline, trinken Kaffee und unterhalten uns angeregt. Das Wetter hält. Zum Abschied überreicht mir Burkhard als kleines Geschenk ein Buch. Es ist „Falsche Farbe“ von Eppu Nuotio*. Da bleibt nur noch zu sagen: Danke Petra und Burkhard für eure Gastfreundschaft, nähdään pian taas – wir sehen uns bald wieder!
Wenn Du nun mehr über den Verein Das finnische Buch e.V. erfahren möchtest, schau mal auf der offiziellen Website vorbei. Dort findest Du auch den Mitgliedsantrag. Bei Facebook ist der Verein ebenfalls vertreten.
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