Das Finnland-Institut in Berlin – ein Gespräch mit Leiterin Dr. Hirvi

Für jeden Spaß zu haben: Institutsleiterin Dr. Laura Hirvi mit dem FinnTouch-Team und Hannu-Pekka Hirvi.

Das Finnland-Institut in Deutschland gehört neben der Botschaft von Finnland und dem Finnland-Zentrum zu den drei großen Institutionen, die das nordische Land in der deutschen Hauptstadt repräsentieren. Die Zuständigkeit des Finnland-Instituts erstreckt sich allerdings auf das ganze deutschsprachige Europa. Nicht zuletzt dank seiner zentralen Lage unweit des Bahnhofs Friedrichstraße ist das Institut mit seinen hellen und freundlichen Räumlichkeiten und seiner „finnischen“ Atmosphäre ein beliebter Treffpunkt für Kulturinteressierte und Finnlandfreunde. Neben Ausstellungen werden verschiedenste Veranstaltungen in den Bereichen Kultur, Wissenschaft und Wirtschaft organisiert.

Spannende Events und gemütliche Bibliothek

Neben den spannenden Events, die teils direkt im Finnland-Institut, teils an externen Veranstaltungsorten stattfinden, zählt eine üppig ausgestattete Bibliothek zum Angebot. In gemütlichem Ambiente kann man hier in finnische Literatur für Erwachsene und Kinder eintauchen. Zentrale Aufgabe des Institutes ist es, die deutschsprachigen Länder und Finnland auf den genannten Themenfeldern noch besser zu vernetzen und langfristige Kooperationen zu fördern. Wir haben das Finnland-Institut in Berlin besucht und uns mit Institutsleiterin Dr. Laura Hirvi über Erfolge, Hintergründe und Zukunftsperspektiven unterhalten.

FinnTouch: Das Finnland-Institut gibt es in Deutschland ja erst seit 1994. Was betrachten Sie denn als die größten Erfolge während dieser Zeit?

Dr. Laura Hirvi: Das ist eine wichtige und interessante Frage. Ich habe ja im Jahr 2015 am Institut angefangen. Wir haben in der Leitung immer einen turnusmäßigen Wechsel. Drei bis fünf oder sechs Jahre ist die maximale Zeit, für die ein Leiter hier tätig ist. Ich denke, dass das Finnland-Institut maßgeblich eine Rolle gespielt hat und weiterhin spielen wird bei der Völkerverständigung und im Bereich Kultur und Wissenschaft. Ein gutes Beispiel sind Großprojekte wie 2014, als Finnland Themenland auf der Frankfurter Buchmesse war.

Dazu hatten wir das Sattelitenprogramm aufgebaut und haben in diesem Zusammenhang in Deutschland, Österreich und der Schweiz insgesamt über 200 Veranstaltungen gemacht. Dadurch, dass wir seit mehr als 20 Jahren schon hier in Deutschland tätig sind, haben wir Kontakte, die langfristig sind. Das heißt, wir sind nicht nur im Moment der Veranstaltung da, sondern auch danach und kümmern uns um die Kontakte. Dabei tun wir alles dafür, dass die Zusammenarbeit zwischen den Partnern im deutschsprachigen Raum und denen in Finnland funktioniert.

Die Chance Frankfurter Buchmesse gut genutzt

FinnTouch: Knüpfen wir hier direkt einmal an das Projekt Frankfurter Buchmesse an. Wie bewerten Sie dieses im Nachhinein und welche positiven Auswirkungen sehen Sie?

Dr. Laura Hirvi: So ein Gastland-Auftritt bei der Frankfurter Buchmesse ist natürlich enorm wichtig. Das Ganze bedurfte einer riesigen Vorarbeit von finnischer Seite, um überhaupt das Gastland zu werden. Wenn ich mich richtig erinnere, waren es um die zehn Jahre Vorlaufzeit von der Bewerbung über die umfangreichen Vorbereitungen bis hin zum eigentlichen Auftritt.

Diese Sichtbarkeit, die man vor, während und nach der Buchmesse bekommt, beschränkt sich ja nicht nur auf den Raum Frankfurt, sondern erstreckt sich auf ganz Deutschland. Diese Chance hat Finnland, wie ich denke, ganz gut genutzt. Es gab beispielsweise diverse Ausstellungen in den verschiedensten Museen. Hinzu kommt die Wucht, die durch die Sichtbarkeit in den Medien entsteht. Alles in allem bewerte ich die Auswirkungen auf Finnland also als sehr positiv.

FinnTouch: Fällt Ihnen da eventuell noch ein konkretes Beispiel ein, wo dies besonders sichtbar wurde?

Dr. Laura Hirvi: Toll finde ich, wie viele Projekte es in ganz Deutschland gab, an denen sich auch die lokalen Partner immer beteiligt haben. Helene Schjerfbeck war beispielsweise im Städelmuseum und im Anschluss daran hat das Museum auch ein Bild von ihr gekauft. Da kann man sich dann natürlich überlegen, wäre dies alles so gekommen, wäre Finnland nicht Buchmessenland gewesen?

FinnTouch: Wie und durch wen wird das Finnland-Institut eigentlich finanziert?

Dr. Laura Hirvi: Hinter dem Finnland-Institut steht eine Stiftung, die ihren Sitz in Helsinki hat. Diese Stiftung beantragt Jahr für Jahr Gelder des finnischen Ministeriums für Bildung und Kultur. Unsere Hauptfinanzierung kommt also von diesem Ministerium über die Stiftung an uns. Über all die Jahre haben wir uns darüber hinaus auch immer wieder projektbezogen für Stiftungsgelder aus Finnland und Deutschland beworben. Mehr und mehr arbeiten wir zudem daran, bestimmte Veranstaltungen und Projekte von uns durch Sponsorengelder zu finanzieren.

Enorm wichtig ist darüber hinaus die Unterstützung durch unsere Partner, indem sie uns zum Beispiel ihre Räumlichkeiten kostenlos zur Verfügung stellen oder beispielsweise die Reisekosten übernehmen, wenn etwa eine finnische Schriftstellerin zu einer Lesung nach Deutschland kommt. Es ist für uns sehr wichtig, dass die Projekte für unsere Partner so viel bedeuten, dass sie sich auch finanziell beteiligen. Es sollen immer gemeinsame Projekte sein.

Deshalb möchten wir auch nicht einfach 1:1 Dinge – etwa Ausstellungen – aus Finnland exportieren, sondern wir bringen die entsprechenden Leute aus Finnland und Deutschland sowie auch Österreich und der Schweiz zusammen und schauen dann, was gemeinsam machen könnten.

Besonders gemütlich ist die Bibliothek mit Leseecke.

Besonders gemütlich ist die Bibliothek mit Leseecke. Hier finden sich neben Literatur für Erwachsene und Kinder auch allerlei Zeitschriften und Magazine.

Spannende Events im ganzen deutschsprachigen Raum

FinnTouch: Sie erwähnten Österreich und die Schweiz. Was das Finnland-Institut dort veranstaltet, läuft also auch über Sie?

Dr. Laura Hirvi: Wenn man sich unser Veranstaltungsprogramm anschaut, sieht man, dass einige unserer Veranstaltungen in Berlin stattfinden. Das ist so, weil wir hier natürlich richtig tolle Räumlichkeiten haben, die zentral liegen. So können die Leute einfach nach der Arbeit mal kurz vorbei kommen, um beispielsweise Ausstellungseröffnungen mitzuerleben. Deswegen benutzen wir die Räume, die wir hier haben, gerne und viel. Außerdem sitzen viele Partner, die für uns relevant sind, in Berlin. Es ist aber schon lange ein Grundelement unserer Tätigkeit, auch außerhalb der deutschen Hauptstadt Veranstaltungen anzubieten. Ein aktuelles Beispiel wird im Frühjahr 2017 in Bremen zu erleben sein: die vielgestaltige Veranstaltungsreihe „Kultur Aus Finnland“ anlässlich des Festivals „Jazzahead! 2017“, bei dem Finnland Partnerland ist.

Das Finnland-Institut heißt zwar „Finnland-Institut in Deutschland“, ist aber für das deutschsprachige Europa zuständig. Also gehören auch Österreich und die Schweiz mit dazu. Wir versuchen mit unserem kleinen Team, das aus fünf Festangestellten und drei bis fünf Volontären sowie dem einen oder anderen Praktikanten besteht, das Maximum aus den vorhandenen Ressourcen herauszuholen. Das ist nicht immer leicht, da wir für so ein großes Gebiet aus den drei Sparten Kultur, Wissenschaft und Wirtschaft zuständig sind.

FinnTouch: Sind die Mitarbeiter des Finnland-Instituts eigentlich hauptsächlich Finnen oder Deutsche? Oder ist es ganz bunt gemischt?

Dr. Laura Hirvi: Das ist eine gute Frage. Ich selbst beispielsweise habe als Halbfinnin 20 Jahre meines Lebens in Deutschland verbracht und zehn Jahre in Finnland. Macht mich das jetzt mehr finnisch oder deutsch? (lacht) Bei unseren Volontären gibt es häufig ähnliche Biographien. Was die festen Mitarbeiter angeht, ist das Verhältnis etwa 50:50, also eine gute Mischung. Unsere Arbeitssprache ist Deutsch. Wer aber in unsere Kaffeeküche geht, der wird je nachdem, wer gerade zusammensteht, mal Finnisch hören und auch mal Schwedisch. Das spiegelt für mich eine tolle Welt wieder, in der Multilingualität kein Problem ist, sondern Alltag.

FinnTouch: Wie sind Sie persönlich beim Finnland-Institut gelandet?

Dr. Laura Hirvi: Ich wusste schon immer, dass es das Finnland-Institut gibt, und die Arbeit in einem Kulturinstitut hat mich auch schon immer gereizt. Als ich angefangen habe Ethnologie zu studieren, war es eher das Goethe-Institut, von dem ich geträumt habe. Nachdem ich dann für längere Zeit in Finnland war, dachte ich mir irgendwann, das Finnland-Institut in Deutschland könnte fast noch interessanter sein. Ich wusste, dass diese Stelle einen Zyklusrhythmus hat und immer mal wieder ausgeschrieben wird.

Selbst habe ich in Finnland meine Doktorarbeit verfasst und als Postdoc-Forscherin zwei Jahre an der Uni in Helsinki gearbeitet. Als die Stellenanzeige schließlich in der Zeitung war, habe ich mit meinem Mann gesprochen und gesagt, dass es mich reizen würde, meinen wissenschaftlichen Hintergrund mal ganz anders anzuwenden und auch meine deutsch-finnische Biographie mit in die Arbeit einzubringen. Ich habe mich dann beworben und die Stelle schließlich bekommen.

Viel Platz für Ausstellungen und andere Veranstaltungen: Der helle und freundliche Eingangsbereich des Finnland-Instituts.

Viel Platz für Ausstellungen und andere Veranstaltungen: Der helle und freundliche Eingangsbereich des Finnland-Instituts.

Das Finnland-Institut bei Instagram und Twitter

FinnTouch: Die meisten Veranstaltungen des Finnland-Instituts drehen sich ja doch um Kunst, Literatur und auch klassische Musik. Das ist der Jugend vielleicht nicht immer so einfach zu vermitteln. Was tut das Institut denn, um die Jugend noch mehr zu erreichen? Gibt es diesbezüglich konkrete Pläne oder Bestrebungen?

Dr. Laura Hirvi: Das ist ein wichtiger Punkt, den Sie ansprechen. Zum einen sind wir in den sozialen Medien sehr aktiv – nicht nur bei Facebook, sondern auch bei Instagram, wo sich ja doch noch mehr Jüngere „herumtreiben“. Dort versuchen wir unsere Arbeit und unseren Alltag zu dokumentieren und auf die durchaus vorhandene Vielfalt aufmerksam zu machen. Auch bei Twitter sind wir aktiv. Unser Programm ist vielfältig; der Bogen spannt sich beispielsweise von Mode bis zur Start-up-Kultur. Diese thematische Breite wollen wir auch so beibehalten.

Was die Kunst angeht, ist es mir ein wichtiges Anliegen, dass diese nicht als eine elitäre Sache betrachtet wird oder als etwas, das nur für eine gewisse Altersgruppe interessant ist. In die Veranstaltungen am Finnland-Institut kann man direkt nach der Arbeit reinlaufen in den Klamotten, die man gerade trägt. Man kann hier fünf Minuten, zehn Minuten oder eine Stunde bleiben. Ich denke, auf diese Weise können wir das Ganze auch für jüngere Menschen interessanter machen.

FinnTouch: Welche Ziele haben Sie persönlich als Institutsleiterin? Was möchten Sie verwirklichen, solange Sie noch hier wirken?

Dr. Laura Hirvi: Zum einen sind wir gerade als Team dabei, noch klarer unseren roten Faden herauszuarbeiten. Was sind große Schwerpunktthemen? Wie spiegeln sie sich inhaltlich in unserem Programm wider? Hier wollen wir Narrative entwickeln. Außerdem möchten wir mehr mit übergreifenden Konzepten arbeiten. Ein gutes Beispiel dafür wird unser „Freigeist“-Konzert sein, das wir jährlich etablieren möchten. So dass die Menschen bei dem Stichwort direkt wissen, um was es geht.

Für Kinder haben wir ebenfalls ein neues Konzept entwickelt, das unter #FinnsKinderbude läuft. Einmal im Jahr soll eines unserer Events direkt für Kinder konzipiert sein und dabei dennoch unsere Themen wiederspiegeln. 2017 wird das Thema Heimat eine wichtige Rolle spielen aus Anlass des 100-jährigen Jubiläums der staatlichen Unabhängigkeit Finnlands. Diese Konzepte sollen für einen erhöhten Wiedererkennungswert sorgen.

Für uns machen es die Konzepte zudem einfacher, eine visuelle Sprache zu entwickeln und nicht für jedes einzelne Event etwas Neues überlegen zu müssen. Die dadurch frei gewordenen Ressourcen können wir wiederum dazu verwenden, um proaktiver Kontakte auch außerhalb Berlins zu suchen und zu finden. Darum geht es meiner Ansicht nach auch, neue Kontakte zu finden und mit diesen eine langfristige, nachhaltige Zusammenarbeit anzustreben. Wir möchten nicht nur temporär begeistern, sondern ein wirkliches Interesse beispielsweise an finnischer Kunst oder Wissenschaft wecken.

Ist das nicht eine schicke Tasche mit dem Logo des Finnland-Instituts?

Ist das nicht eine schicke Tasche mit dem Logo des Finnland-Instituts?

„Jede Ausstellungseröffnung ist eine ganz eigene Erfahrung“

FinnTouch: Würden Sie zum Abschluss noch in zwei, drei prägnanten Sätzen zusammenfassen, warum es sich bei einem Besuch in Berlin lohnt, im Finnland-Institut vorbeizuschauen?

Dr. Laura Hirvi: Ich denke, hier am Finnland-Institut haben wir wirklich immer super spannende Ausstellungen und Veranstaltungen, die immer wieder unterschiedlich, aber qualitativ hochwertig sind. Jede Ausstellungseröffnung ist eine ganz eigene Erfahrung. Mal gibt es einen DJ, der auflegt, mal gibt es richtig leckeres Essen, wobei die Kunst natürlich immer im Mittelpunkt steht. Wir freuen uns immer, neue Menschen kennenzulernen und mit diesen auch ins Gespräch zu kommen. In unserer Bibliothek wartet jede Menge spannende Literatur. Auch eine Kinderecke ist dort zu finden. Und zu guter Letzt: Es gibt auch ganz tolle Finnland-Instituts-Taschen für die Besucher! (lacht)

FinnTouch: Vielen Dank für das interessante Interview und weiterhin viel Erfolg bei und mit Ihrer wertvollen Arbeit.

Wir möchten uns an dieser Stelle auch bei Frau Marion Holtkamp, der Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit am Finnland-Institut, für das Arrangieren des Interviews mit Frau Dr. Laura Hirvi sowie die Führung durch die Räumlichkeiten bedanken. Über aktuelle Veranstaltungen des Instituts bleibst Du nicht nur über die offizielle Website auf dem Laufenden, sondern auch bei Facebook, Twitter und Instagram.

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