[Gastbeitrag von Nisy Bauer] Vielleicht hast Du ja auch schon mal darüber nachgedacht, für eine längere Zeit nach Finnland zu gehen? Viele denken dabei direkt an ein Au-pair-Jahr, aber auch ein Praktikum kann ein guter Weg sein, um berufliches Vorankommen mit einem Aufenthalt in Finnland zu verbinden. Genau so hat es Nisy gemacht, die Dir in ihrem Gastbeitrag von Ihrem Praktikum im deutsch-finnischen Kindergarten in Oulu berichtet. Wusstest Du, dass es in der nordfinnischen Großstadt überhaupt so etwas gibt? Viel Spaß beim Lesen wünschen Dir Caro, René und Hannu-Pekka.
Inhaltsverzeichnis
Über Mich
Ich bin 23 Jahre alt und komme aus der Region Stuttgart. Ich bin gerade in der Ausbildung zur Erzieherin und bin absoluter Finnlandfan. Mein Herz schlägt nicht nur schwarz-rot-gold, sondern auch blau-weiß.
Was ich mit Finnland zu tun habe
Ich habe die Ferien in meiner Kindheit immer in Finnland verbracht. Ich war bei meiner ersten Reise in dieses tolle Land noch nicht mal ein Jahr alt. Meine Großeltern sind schon mit meiner Mutter nach Finnland gereist und sie hat das Finnlandfieber an meinen Vater weitergegeben.
Nach langen Diskussionen hat sie es geschafft, meinen Vater zu einer Reise zu überreden. Er war so begeistert von dem Land und der Natur, dass die Sommerurlaube nur noch in Finnland stattfanden. So bin ich also jedes Jahr im Sommer und ab und zu im Winter in Finnland gewesen.
Wie die Idee für das Praktikum entstand
Nachdem ich langsam in dem Alter war, in dem man nicht mehr mit den Eltern verreisen und andere Dinge in der Welt sehen wollte, war ich einige Jahre – ich glaube drei waren es – nicht mehr in Finnland und hatte große Sehnsucht. In einem meiner ‘‘ich-vermisse-Finnland-Anfälle‘‘ dachte ich mir, ich schaue mal aus Interesse, ob es in Finnland deutsche Kindergärten gibt. Tatsächlich bin ich fündig geworden. Nach einigen Besuchen auf den Internetseiten der Kindergärten bin ich auf die Seite des Saksanpähkinä in Oulu gestoßen. Dort stand, dass sie Praktikanten annehmen.
Aus purem Interesse habe ich eine Mail an diesen Kindergarten geschrieben und gefragt, ob sie deutsche Praktikanten für zwei Wochen annehmen würden. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich nicht ernsthaft vor, das Praktikum zu machen. Als dann aber einige Monate späte eine Mail kam, in der ich gefragt wurde, ob ich das Praktikum noch machen möchte, habe ich angefangen ernsthaft darüber nachzudenken. Nachdem ich meinem Freund, meinen Eltern und meinen Freunden aus meiner Berufsschulklasse davon erzählt habe und alle die Idee toll fanden, habe ich den Entschluss gefasst: Ja, ich möchte das Praktikum machen.
Da der Platz erst nach unseren Sommerferien frei war, musste ich mich für die ersten zwei Wochen in der Schule freistellen lassen. Dies war an meiner Schule kein Problem, da es etwas mit meiner Ausbildung zu tun hatte. Also habe ich mir einen Flug und eine Ferienwohnung gebucht.
Die Anreise
Ich bin von Düsseldorf über Helsinki nach Oulu geflogen. Als ich in Oulu angekommen bin, war es 23.30 Uhr finnischer Zeit. Der Flughafen war bis auf die Fluggäste, die mit mir im Flieger saßen, menschenleer.
Vor dem Flughafengebäude war es dunkel und neblig. Nachdem einige Zeit später endlich ein Taxi kam, wurde ich direkt vor die Tür meine Ferienwohnung gebracht. Dort habe ich mich dann erst einmal ausgeschlafen.
Lustige Begegnungen in Oulu
An meinem ersten Tag in Oulu bin ich erst einmal einkaufen gegangen und habe Oulu etwas erforscht. Oulu ist eine schöne Stadt mit vielen Läden, einem Kaufhaus, Strand und einer tollen Uferpromenade mit kleinen, alten Fischerhütten.
Beim Einkaufen ist mir direkt etwas Witziges passiert. Ich war bei Lidl einkaufen. Dort waren deutsche Wochen. Ich als Schwabe war begeistert, dass es unsere Maultaschen und Spätzle bis nach Finnland geschafft haben. Ich habe das Kühlregal sehr bewundert und habe nach den Maultaschen gegriffen, plötzlich spricht mich ein Mann auf finnisch an. Als ich ihm erklärt habe, dass ich ihn nicht verstehe und englisch spreche, wollte er von mir wissen, ob ich weiß, was das ist und wie man das isst. Ich habe ihm dann erklärt, wie er die Maultschen zubereitet. Das fand ich eine sehr nette Begegnung.
Ich habe also das Wochenende damit verbracht, mich in der Stadt zurecht zu finden und die Gegend zu erkunden. Natürlich gab es für mich auch mein heißgeliebtes Minttu-Eis.
Der Kindergarten und mein Praktikum
Montags war mein erster Tag des Praktikums. Dort angekommen wurde ich gleich herzlich empfangen. Im Kindergarten arbeiten eine deutsche und zwei finnische Erzieherinnen. Zusätzlich gibt es eine Haushälterin und außer mir waren noch zwei weitere deutsche Praktikantinnen dort. Die finnischen Erzieherinnen haben beide ebenfalls etwas deutsch gesprochen. In diesem Kindergarten war die Altersgruppe gemischt. Die Kinder waren zwei bis sieben Jahre alt. Einige von Ihnen hatten deutsche Eltern, andere Kinder hatten keinen deutschen Ursprung.
Die Kinder lernen die deutsche Sprache im Alltag. Die deutsche Kraft spricht mit den Kindern deutsch und die finnischen Kräfte sprechen finnisch. Es werden sowohl deutsche als auch finnische Lieder gesungen. Ein kleiner Unterschied zu den Kindergärten bei uns in Deutschland ist, dass die Kinder Vorschulunterricht bekommen. Bei uns ist das kein Muss. Einmal wöchentlich war Metsämörri-Tag. Metsämörri ist eine Art Fantasiewesen, das im Wald lebt, das die Kinder besuchen. Sie gehen in den Wald und bauen beispielsweise kleine Häuser, Windspiele oder ähnliches. Dies soll den Kindern das Gefühl für den Wald und den richtigen Umgang mit der Natur näher bringen.
Ansonsten unterscheidet sich der Kindergartenalltag nicht sonderlich von dem bei uns im Land. Eine Sache ist mir allerdings aufgefallen. Die Kinder waren sehr ausgeglichen, es gab kaum Streitigkeiten und es wurde untereinander viel geholfen. Im Allgemeinen ist das Leben in Finnland ruhiger. In Oulu fahren viele Menschen mit dem Fahrrad. Es gibt keine Staus, kein Gehupe oder Gedrängel.
Ausflüge in Oulu und Umgebung
In meiner Freizeit und besonders am Wochenende habe ich kleine Ausflüge gemacht. Ich habe mich mit meiner Mitpraktikantin in der Stadt getroffen, wir waren shoppen, auf dem Markt und Kaffee trinken. Ein absolutes Highlight in Oulu ist das Pfannenkuchenhaus in einer der alten Fischerhütten. Ein absoluter Gaumenschmaus und definitiv ein Muss für alle Oulu-Besucher! An einem schönen Tag habe ich mir ein gemietetes Rad geschnappt und bin ans Meer und an den Strand in Oulu gefahren.
Mein Resumee: Eine Erfahrung, die Lust auf mehr macht
Ich bin sehr froh, dass ich diese Erfahrung machen durfte. Ich habe ein Finnland außerhalb des Saimaasees und des Mökki kennengelernt und bin auch davon begeistert. Die Menschen sind höflich und gelassen. Oulu ist eine tolle Stadt mit vielen netten Fleckchen. Ich möchte in einiger Zeit für ein halbes Jahr als Au-pair nach Finnland, weil ich von diesen zwei Wochen so begeistert war. Ich kann jedem nur empfehlen, dort das Arbeitsleben näher kennenzulernen! Wenn Fragen auftreten, beantworte ich diese gerne.
Text und Bilder: Nisy Bauer. Gerne kannst Du sie über ihre Facebook-Seite „Finnlandliebe“ anschreiben. Dort – und auch bei Instagram – kannst Du die Leidenschaft für Finnland förmlich spüren.
Hi, welchen Abschluss benötigt man, damit man in einem Kindergarten in Finnland arbeiten kann? Reicht eine Ausbildung zum Erzieher oder benötigt man einen Fachhochschulabschluss?
Liebe Grüße.
Anne
Hallo Anne,
ich werde die Frage mal an die Autorin des Artikels weiterreichen und wir melden uns bei Dir! 🙂
LG,
René