Interview mit Jürgen Domian – Teil 2: Die Begeisterung für Lappland

Jürgen Domian liebt Finnisch-Lappland

Viele Jahre lang war er eine Institution in der deutschen Medienlandschaft: Jürgen Domian. Menschen aller Generationen und Gesellschaftsschichten schalteten nachts um 1 Uhr das Radio oder den Fernseher an, um bei 1LIVE beziehungsweise im WDR-Fernsehen eine Stunde lang lustigen, traurigen und bisweilen auch sehr skurillen Geschichten aus dem Alltag ganz normaler Menschen zu lauschen. Welch ein Vakuum da entstand, als Domian Ende 2016 abtrat! Seinen Einsatz würdigte ich im Rahmen einer kleinen Hommage.

Jürgen Domian über seine Lieblingsregionen im Norden und die heilsame Kraft der Einsamkeit

Im Vorfeld von Domians Lesung zu seinem Buch „Dämonen“ in Mainz hatte FinnTouch die Möglichkeit, den mittlerweile ehemaligen Nighttalker persönlich kennenzulernen und ein langes Interview mit ihm zu führen, in dessen erstem Teil wir über sein Leben nach der Sendung, bizarre Anrufer, sein neuestes literarisches Werk sowie das große Thema „Tod und Sterben“ sprachen. Im zweiten Teil geht es nun vor allem um Domians riesige Begeisterung für Lappland, seine Lieblingsregionen im hohen Norden und die heilsame Kraft der Einsamkeit. Aber auch über die Zukunftspläne des Moderators erfährst Du ein bisschen was in diesem spannenden Domian Interview…

FinnTouch: So, jetzt spannen wir den Bogen wieder nach Lappland, wo ja auch das aktuelle Buch spielt und wo Du immer wieder gerne selbst unterwegs bist. Was fasziniert Dich so an Lappland?

Jürgen Domian: Die Frage stelle ich mir auch schon seit 18 Jahren. Es ist die Natur, es ist die Wildnis, es ist die Einsamkeit und es sind auch, aber ich sage das bewusst am Ende, auch die Menschen. Wobei ich das wirklich am Ende deshalb sage, weil ich gar nicht soviel mit den Menschen dort zu tun habe. Leider eigentlich. Ich fahre in der Regel mit dem Auto hin. Meine bevorzugten Gebiete sind Nord-Finnland und Nord-Schweden. In Nord-Norwegen war ich auch schon, aber meine Lieblingsregion ist in Nord-Finnland.

Ich miete mir eine Hütte irgendwo im Wald und bin dort alleine. Und ich suche dort auch gezielt die Einsamkeit. Wenn ich dann mal mit Menschen zusammen komme, ist das sehr schön. Ich mag die nordische Mentalität einfach. Die Finnen sind noch ein bisschen zurückhaltender als die Schweden. Ich habe jedenfalls noch kein einziges Mal eine schlechte Erfahrung mit jemanden dort gemacht. Vielleicht sind die Leute anfangs ein bisschen distanziert, aber wenn man dann etwas möchte, sind sie immer hilfsbereit und freundlich.

„Meine Lieblingsregion ist der Inari-See“

FinnTouch: Du bist ja immer bei Inari direkt?

Jürgen Domian: Ja, meine Lieblingsregion ist der Inari-See.

FinnTouch: Da waren wir auch letztes Jahr, es ist wirklich sehr schön dort!

Jürgen Domian: Es ist der Hammer oder? Das ist wirklich der Hammer. Und vom Inari-See etwas nordwestlich gibt es dann noch die große Region Kilpisjärvi, die ich ebenfalls sehr mag. Das ist die Grenzregion zu Schweden und Norwegen. Es ist dort wirklich unfassbar schön, weil die Landschaft so abwechslungsreich und fast schon alpin ist.

Inarisee

Die Gegend rund um den Inarisee hat es Jürgen Domian besonders angetan

FinnTouch: Ja, dort ist es ein bisschen bergiger, ist gar nicht so typisch finnisch.

Jürgen Domian: Genau.

FinnTouch: Da waren wir noch gar nicht. Das müssen wir auch noch irgendwann angehen.

Jürgen Domian: Wie wart ihr da oben? Mit dem Auto auch?

FinnTouch: Ja, das ist wirklich eine tolle Art zu reisen, weil man anhalten konnte, wann mal wollte. Wenn wir Rentiere gesehen haben, haben wir zum Beispiel fast immer angehalten.

Jürgen Domian: Ich finde es nur problematisch, dass es so ein langer Weg ist. Ich fahre gerne hin, weil es auch so ein angenehm langsames Reisen ist. Aber wenn ich dann oben und sehr entspannt bin, denke ich: „Oh nein, jetzt musst du die ganze Fahrt wieder zurückfahren.“

FinnTouch: Ja, das sind schon ein paar Kilometer.

Jürgen Domian: Ja, es sind fast 3000 Kilometer insgesamt!

FinnTouch: Und fährst Du mit der Fähre?

Jürgen Domian: Ja, ich gehe auf der Insel Fehmarn auf die Fähre.

„Ich buche nie irgendwas im Voraus“

FinnTouch: Ach, die legendäre Vogelfluglinie…

Jürgen Domian: Ja, das ist für mich sehr angenehm, weil ich buche nie irgendwas im Voraus. Und diese Fähre muss man ganz einfach nicht vorab buchen. Dann fahre ich schnell durch Dänemark und dann endlos durch Schweden.

FinnTouch: Dann fährst Du wahrscheinlich komplett durch Schweden hoch und bei Tornio/Haparanda über die Grenze. Wir fahren auch dieses Jahr wieder über Travemünde mit der Fähre nach Helsinki und dann mit dem Auto hoch.

Jürgen Domian: Achso, aber dann muss man die Fähre sicher vorher buchen.

FinnTouch: Wenn man es vergleichsweise preiswert haben möchte, ist das besser, ja.

Jürgen Domian: Ich mag das nicht. Ich miete meine Hütten auch nie vorher an. Mein Trick ist, dass ich einfach bei Rentierbauern frage, die haben fast alle eine Hütte. Und ich habe manch eine tolle Hütte schon bekommen, auch wenn da nirgendwo ein Schild stand. Da bezahlt man dann natürlich direkt vor Ort den Preis, weil die auch Angst haben, dass man ohne zu bezahlen abhaut. Und dann geht es in die Einsamkeit…

FinnTouch: Wahrscheinlich komplett ohne Elektrizität und fließendes Wasser?

Jürgen Domian: Genau.

„Dann dachte ich: Ja, das ist es!“

FinnTouch: Also richtig schön in der Wildnis. Aber sag mal, wie hast Du denn Finnland und speziell Lappland seinerzeit eigentlich für Dich entdeckt?

Jürgen Domian: Durch einen absoluten Zufall. Ich war früher alpiner Skiläufer und hatte zu spät gebucht mit einem Freund und dann standen wir im Winter vor der Frage: Was machen wir jetzt? Da fiel uns eine Anzeige aus Schweden auf und wir dachten uns: Fahren wir mal hin!Und das war mein Erweckungserlebnis. Ich kam in Nordschweden aus dem kleinen Flieger raus – Schneesturm, minus 30 Grad. Dann dachte ich: Ja, das ist es! Und seitdem fahre ich kein Abfahrtski mehr, sondern nur noch Langlauf, weil ich das viel schöner finde – und auch gesünder.

FinnTouch: Aber Du fährst hauptsächlich im Sommer in den Norden, oder?

Jürgen Domian: Ja, aber auch schon mal im Winter – dann jedoch meist kürzer und mit dem Flugzeug. Bisher hatte ich keine Zeit dafür, um im Winter mit dem Auto hochzufahren, weil dafür braucht man dann sehr viel Zeit. Nach meinem ersten Besuch im winterlichen Lappland hatte mich das jedenfalls alles sehr angesprochen und so beschloss ich, mir das auch mal im Sommer anzusehen. Und im Sommer ist es natürlich eine ganz andere Welt als im Winter, aber diese Welt hat mir ebenso gut gefallen.

FinnTouch: Es sind wirklich sehr krasse Gegensätze.

Jürgen Domian: Genau. Und seitdem bin ich jedes Jahr da.

FinnTouch: Vermisst Du nicht auch mal einen Badeurlaub im Süden? Oder schiebst Du sowas zwischendurch ein?

Jürgen Domian: Das habe ich früher oft gemacht und finde es auch super, aber ich habe Freunde in Rom und bin daher auch oft in dieser Stadt. Da kriege ich das Mittelmeerklima dann auch mal mit. Aber es zieht mich jetzt nicht unbedingt an den Strand.

„Ich bin immer sehr froh, dass die Finnen Englisch sprechen, manchmal sogar Deutsch“

FinnTouch: Kannst Du denn vielleicht auch ein bisschen Finnisch? Zumindest so ein paar Brocken?

Jürgen Domian: Keine Silbe. Ich weiß, dass ich da kläglich scheitern werde und bin immer sehr froh, dass die Finnen Englisch sprechen, manchmal sogar Deutsch. Ich bin jedes Mal ganz erstaunt, wenn ich bei irgendeinem Rentierbauern bin und der gebrochenes Deutsch kann.

FinnTouch: Ja, da kann man tatsächlich Glück haben. Gibt es denn ein finnisches Lieblingsgericht?

Jürgen Domian: Nein, gibt’s nicht. Das ist ein großes Manko. Das wird demnächst auch anders werden, wenn ich mehr Zeit habe. Ich bin in der Kultur nicht so drin. Ich habe ein bisschen was von samischer Kultur mitgekriegt, ja, aber Essen ist so ein großes Thema. Ich verpflege mich meistens selbst.

FinnTouch: Genau, wie verpflegst Du Dich eigentlich?

Jürgen Domian: Ich habe das Auto immer voll mit so banalem Zeug wie Nudeln und Dosen. Teilweise kaufe ich das dort ein. Wenn ich dann mal dort in ein Lokal gehe, ist das dann auch nichts Besonders. Nichts, wo ich sagen kann, das ist mein Topgericht.

FinnTouch: Zu Finnland gehört ja auch untrennbar die Saunakultur. Kannst Du Dich denn dafür begeistern?

Jürgen Domian: Absolut. Ich hatte früher überhaupt keinen Draht zur Sauna und finde es auch immer noch doof, in Deutschland in die Sauna zu gehen. Ich gehe nie in Deutschland in die Sauna.

Finnische Sauna

In Finnland findet auch Domian Gefallen an der Sauna

„In Finnland, auch im Sommer, ist die Sauna herrlich“

FinnTouch: Ja, das ist etwas ganz anderes.

Jürgen Domian: Aber in Finnland, auch im Sommer, ist das herrlich. Weil die Hütten haben ja alle ihre eigenen Saunen. Was ich mich nicht traue, ist im Winter in ein Eisloch im See reinzuspringen, das ist mir zu krass. In den Schnee lege ich mich schon mal, aber ich gehe nicht ins eisige Wasser.

FinnTouch: Das ist im Sommer ja noch teilweise sehr kalt.

Jürgen Domian: Ja, selbst im Sommer ist es oft noch sehr kalt. Ich gehe auch kaum baden, das macht im Sommer nicht so einen Spaß. Wo fahrt ihr denn diesen Sommer hin?

FinnTouch: Wir bleiben diesmal südlicher, im Seengebiet.

Jürgen Domian: Ich war noch nie im Süden.

FinnTouch: Dann würdest Du unseren Lesern vermutlich auch die Region um den Inari-See ans Herz legen?

Jürgen Domian: Ich möchte eigentlich gar nicht so viele Tipps geben, sonst wird die Region so überrannt. Ich finde selbst am Inari-See hat sich schon vieles eher zum Negativen hin entwickelt. Als ich das erste Mal dort war, war es noch viel ruhiger. Aber wenn man jetzt in Kittilä oder Saariselkä ist, das ist ja schon irre, was da mittlerweile an Hotels zu finden ist.

„Ich mag es sehr gerne, so engen Kontakt mit dem Publikum zu haben“

FinnTouch: Da hast Du Recht. Dann spannen wir nochmal den Bogen zur Tour. Wie ist es jetzt für Dich, mit Deinen langjährigen Fans zusammenzukommen und hast Du vielleicht den einen oder anderen Fan schon persönlich kennengelernt bei den Veranstaltungen?

Jürgen Domian: Bei der Autogrammstunde kamen immer wieder mal Leute auf mich zu und sagten, dass sie mal angerufen haben. Ich mag es sehr gerne, so engen Kontakt mit dem Publikum zu haben. Vielleicht liegt es daran, weil ich in 22 Jahren keinen visuellen Kontakt mit meinem Publikum hatte. Auf der anderen Seite bin ich ja auch seit vielen, vielen Jahre mit meinen Büchern auf Tournee und habe in diesem Rahmen viele Menschen getroffen.

FinnTouch: Ja, stimmt, im Fernsehen zumindest haben immer nur wir Dich gesehen, aber…

Jürgen Domian: …ich habe euch nicht gesehen! Ich saß einsam in meinem Studio mit ein paar Mitarbeitern.

FinnTouch: Manchmal wurde ja ein Bild geschickt, das auch gezeigt wurde, was dann aber auch nur cool war, wenn man es im Fernsehen geguckt hat. Wenn man das im Radio gehört hat, ärgerte man sich mitunter ein wenig. Aber Du hast es immer gut beschrieben.

Jürgen Domian: Ja, ich habe mich bemüht.

FinnTouch-René und Jürgen Domian

René und Jürgen im März 2017 bei „Domian redet“ in Bonn

„Ich möchte gerne eine Talkshow mit unbekannten Leuten über ihre Lebensgeschichten machen“

FinnTouch: Dann kommen wir auch schon zur Schlussfrage. Viele Leser vermissen Dich auf dem Bildschirm. Es gibt ja immer wieder Gerüchte und Du hast Dich auch dahingehend geäußert, dass Du mal wieder was machen willst. Gibt es denn berechtigte Hoffnung, dass wir Dich demnächst mal wieder mit einem neuen Format im Fernsehen bewundern können?

Jürgen Domian: Ich möchte es. Ich möchte gerne eine Talkshow mit unbekannten Leuten über ihre Lebensgeschichten machen. Und dass unbekannte Leute tolle Sachen zu erzählen haben, hat meine Sendung über 22 Jahre bewiesen. Das gibt es im deutschen Fernsehen sonst einfach nicht. Wir haben keine sogenannte „No Name-Talkshow“. Das Image ist kaputt gegangen damals durch die Nachmittagstalkshows auf RTL und anderen Privatsendern, leider. Und wir basteln, führen Gespräche, aber die Mühlen mahlen langsam bei den Fernsehoberen. Da muss man erst die Leute wieder interessiert machen. Mir schwebt so eine Zeit um 22 Uhr abends vor, das ist gut. Da sind die Leute vermutlich entspannt genug, um sich das anzuhören. Ich bin mir sicher, dass es klappen würde.

FinnTouch: Hast du darüber hinaus noch andere Projekte im Sinn?

Jürgen Domian: Nein, jetzt bin ich erstmal noch bis Juni mit dem Buch unterwegs. Dann will ich ein bisschen wegfahren. Ich habe mit den Büchern immer so einen Rhythmus von zwei Jahren. Wenn ich auf Lesetour bin, habe ich noch keine Kreativität für ein neues Buch. Das formt sich dann erst.

FinnTouch: Das ist ja klar, dann bist du mit Deiner ganzen Aufmerksamkeit erstmal im Jetzt. Wir wünschen Dir natürlich ganz viel Erfolg mit Buch, TV-Sendung und allem anderen, was Du Dir noch vorgenommen hast, auch privat. Und wer weiß, vielleicht laufen wir uns ja eines Tages in Finnisch-Lappland über den Weg. Vielen Dank für das inspirierende Gespräch!

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