Kaksi maata, yksi musiikki – ein deutsch-finnisches Chorprojekt

„Kaksi maata, yksi musiikki“ ist ein Projekt, das es in dieser Form bislang noch nicht gegeben hat. Aus der Taufe gehoben und geleitet von den beiden Studentinnen Kerstin Panitz und Clarissa Schumacher, kommen hier Menschen aus den beiden Städten Ostfildern bei Stuttgart und Sastamala im Westen Finnlands im Namen der Musik zusammen. Die internationale Kooperation haben die beiden Mädels im Rahmen ihres Studiums in die Wege geleitet – eine tolle und wirklich vorbildliche Sache!

Chöre aus Deutschland und Finnland singen zusammen

In beiden Städten sind Projektchöre entstanden, die am Samstag, dem 3. Dezember 2016, im Rahmen eines Konzertes in der katholischen Kirche „St. Dominikus“ in Ostfildern gemeinsam auftreten werden. Zusätzlich zu diesem krönenden Höhepunkt der deutsch-finnischen Zusammenarbeit werden kleine Konzerte auf dem finnischen Weihnachtsmarkt und der Weihnachtsfeier der DFG Stuttgart am 4. Dezember 2016 stattfinden. Hauptkooperationspartner sind der Sängerbund Ruit und das Sastamalan Opisto. Wie es überhaupt zu der Idee kam, was Dich als Konzertbesucher erwartet und wie ihre persönlichen Erfahrungen in Finnland bislang so waren, verrät uns Clarissa im FinnTouch-Interview.

FinnTouch: Hallo liebe Clarissa, durch Zufall sind wir vor einiger Zeit im Internet auf Dein Projekt gestoßen. „Kaksi maata, yksi musiikki“ ist ein Chorprojekt, das Deutschland und Finnland miteinander verbinden soll. Das finden wir natürlich hervorragend und super spannend! Wie kommt man eigentlich als junge Studentin auf solch eine verrückte Idee? Und warum gerade Chormusik und nicht etwa ein interkulturelles Heavy Metal- oder Popkonzert?

Clarissa: Hallo René, danke für dein Interesse an unserem Projekt! Ich habe einfach eine Idee gebraucht, wie ich am besten wieder nach Finnland komme. Durch meine Kontakte in Sastamala und Ostfildern hat sich dann alles nach und nach ergeben. Das Abenteuer hat mich schon immer gereizt und als Kerstin dann dazu kam, hatten sich gleich zwei verrückte Hühner getroffen. Kerstin ist ein super Mensch, der für jeden Spaß zu haben ist und (genau wie ich) sehr gerne experimentiert, was denn alles im Rahmen des Möglichen ist.

Wir haben auch ein Popstück im Repertoire, aber wir möchten die Kulturen und vor allem die Menschen zusammenbringen und da dachten wir, dass ein Chorprojekt genau das schaffen könnte. Die beiden Chöre sind in letzter Zeit sehr gut zusammengewachsen und wir hoffen und sind uns ziemlich sicher, dass sich der deutsche und finnische Projektchor sehr gut verstehen werden.

Sastamala und Ostfildern - so kann deutsch-finnische Freundschaft aktiv gelebt werden.

Sastamala und Ostfildern – so kann deutsch-finnische Freundschaft aktiv gelebt werden.

Abstimmung via Mail und WhatsApp

FinnTouch: Neben einem finnischen Chor aus Sastamala ist ein Chor aus Deinem deutschen Heimatort Ostfildern Teil des Projektes. Zwischen beiden Orten liegen mehr als 2000 Kilometer. Gemeinsame Proben sind da wohl eher schwierig. Wie stimmt ihr euch also ab?

Clarissa: Kerstin leitet den Chor in Ostfildern. Natürlich haben wir uns schon davor gefühlte tausend Mal getroffen und alles abgesprochen, aber mindestens jeden dritten Tag passiert wieder etwas neues, was angepasst werden muss, oder ähnliches. Die Planung für „2maata1musiikki“ begann schon im zweiten Semester; Im dritten Semester stieg Kerstin ein und seitdem sprechen wir alles miteinander ab. Natürlich werden in den Proben mal eigene Entscheidungen getroffen, aber diese werden dann sofort über WhatsApp mitgeteilt oder Noten werden über Mail verschickt. Inzwischen ist Kerstin sowohl auf dem Handy wie auch in meinem Mailaccount der meistbenutzte Account, gleich nach Mama. Ich denke, ohne die moderne Technik wäre so ein Projekt fast unmöglich. Allerdings stehen wir nun vor einer neuen Herausforderung: Mein finnischer Chor und ich haben Lufthansa-Flüge. Wir hoffen wirklich, dass uns die Piloten keinen Strich durch die Rechnung machen…

FinnTouch: Da drücken wir euch natürlich alle zur Verfügung stehenden Daumen! Wenn wir das richtig recherchiert haben, habt ihr euer Chorprojekt komplett „aus eigener Kraft“ finanziell gestemmt, also euch selber um potentielle Sponsoren gekümmert und vieles mehr. War das nicht eine riesige Herausforderung und auch ein ziemliches Risiko?

Clarissa: Ja, das war eigentlich die meiste Arbeit. Von Anfang an wollten wir das Projekt kostenlos gestalten. Wir beide dürfen selber keinen Profit aus dem Projekt ziehen, aber wir hatten auch immer gute Kontakte, die wieder jemanden kannten… das bekannte Schneeballsystem eben. Angefangen haben wir bei einem sehr, sehr hohen Minus und null Euro. Durch Sachmittel wie kostenlose Räumlichkeiten, Noten und weiteres ist das Minus dann immer kleiner geworden und natürlich durch ganz viel Türenklingeln bei möglichen Sponsoren und Förderern.

„Es ist wirklich verrückt, was wir geschafft haben“

Insgesamt haben wir eigentlich jeden Euro dreifach umdrehen müssen, aber Kerstin hat, dank ihrer Ausbildung vor dem Studium, mehr Erfahrung mit solchen „Geldgeschäften“. Zu zweit kommen einem auch immer wieder neue Ideen, wie man Geld eintreiben könnte. Neulich hatte Kerstin mir eine vierseitige Liste gezeigt und ich war total verwirrt, was das eigentlich war. Es waren die ganzen Namen von Firmen und Privatpersonen, die wir angefragt hatten. Wenn man es erstmal so vor Augen sieht, ist es wirklich verrückt, was wir eigentlich alles geschafft haben.

FinnTouch: Da kann man nur sagen: Respekt! Am 03. Dezember 2016 um 19 Uhr wird es in der katholischen Kirche „St. Dominikus“ in Ostfildern zur mit Spannung erwarteten Aufführung kommen. Können interessierte FinnTouch-Leser dafür irgendwo Karten kaufen/reservieren? Oder ist das Konzert gar kostenlos und man sollte möglichst zeitig vor Ort sein und sich seinen Platz sichern?

Clarissa: Wie unser ganzes Projekt ist natürlich auch unser Konzert umsonst und wird im Anschluß von einem Duo namens „Du, wir & ich“ abgerundet. Das Publikum wird danach auch zu einem Gläschen Sekt und/oder einer Tasse Glühwein eingeladen. Zum Konzert werde ich die Worte unserer Pianistin Tina Sill verwenden: „Es wird wahrscheinlich nicht perfekt, aber wir schaffen das. Außerdem sieht man, dass es den Teilnehmern Spaß macht und das ist das Wichtigste.“

Der finnische Chor bei den Proben.

Der finnische Chor hat sichtlich Spaß am Projekt.

Eine vielfältige musikalische Reise

FinnTouch: Absolut. Magst Du uns ein bisschen verraten, welche Art von Liedgut die Besucher erwarten wird? Und wie lang wird das Programm etwa gehen?

Clarissa: Schätzen würde ich mal eine Stunde, vielleicht ein wenig länger, weil die Danksagung etwas lang werden könnte 😉 Eigentlich ist wirklich für jeden etwas dabei. Es wird zwei Lieder aus der finnischen und deutschen traditionellen Musik geben. Das versprochene Poplied (wir werden das Publikum musikalisch in eine alte Stadt Italiens entführen, als kleinen Tipp) wird aufgeführt, eine Uraufführung namens „Baumhaus“, eine weitere Uraufführung namens „Du und ich“ und ein Stück „Vain pienen heti aikaa“ von einer Sängerin des finnischen Chores. Wegen der Jahreszeit darf natürlich ein Weihnachtslied nicht fehlen, welches auf Deutsch und Finnisch vorgetragen wird.

FinnTouch: Könntet ihr euch vorstellen, danach mit den beiden Chören sogar auf eine kleine Tournee durch Deutschland und/oder Finnland zu gehen? Vielleicht habt ihr ja sogar schon etwas in die Richtung geplant?

Clarissa: Puuuh… darüber ist noch nie ein Wort gefallen. Natürlich wäre es super, aber leider macht uns die Zeit einen Strich durch die Rechnung. Nich nur, dass die Chormitglieder, welche aus allen Altergruppen sind, ihren Jobs nachgehen und sich um ihre Familien kümmern müssen. Kerstin und ich müssen direkt nach dem Konzert mit unseren Bachelorarbeiten anfangen und dann sind wir leider auch schon weg von der Uni. Leider konnten wir bisher keinen finden, der/die unser Projekt weiterführen möchte…

FinnTouch: Verrätst Du uns Deinen Lieblingsmusiker aus Finnland, wenn es einen solchen denn gibt?

Clarissa: „Boom Kah, boom boom kah…“ von wem spreche ich wohl? Generell mag ich sehr viel finnische Musik und bin in Bezug auf Genres immer sehr offen. Ich schätze es sehr, dass hier so viel in der eigenen Sprache gesungen wird. Natürlich verbinde ich mit Finnland sofort die Finlandia von Sibelius und im Studium ist mir Rautavaara öfters über den Weg gelaufen, welchen ich auch ziemlich gut finde. Jedoch verbinde ich sehr viele Erinnerungen aus meinem Aupair-Jahr mit Robins Album „Boom Kah“ und mein Lieblingslied ist „Erilaiset“. Leider konnte ich keine Karten für sein Konzert in Tampere ergattern, aber der „finnische Justin Bieber“ macht einfach super Musik für Partys. Gerade höre ich aber auch sehr gerne „Autiosaari“ von Tuure Kilpelainen und Kaihon Karavaani.

Auch der deutsche Chor ist voller Vorfreude auf das gemeinsame Konzert in Ostfildern.

Auch der deutsche Chor ist voller Vorfreude auf das gemeinsame Konzert in Ostfildern.

„Ich bin vollkommen verliebt in dieses Land!“

FinnTouch: Während Deines Aufenthaltes in Finnland bist Du sicherlich schon ein bisschen herumgekommen. Was sind Deine persönlichen Lieblingsorte im „Land der tausend Seen“?

Clarissa: Ich bin vollkommen verliebt in dieses Land! Ich schätze die Ruhe und die Harmonie der ganzen Landschaft von Finnland. Alles passt so schön zusammen, als hätte ein Maler es genau aufgemalt. Aber natürlich habe ich ein paar Lieblingsorte. Helsinki ist eine wunderbare Stadt, wo die Kultur der Finnen auf eine hochmoderne Stadt trifft. Allerdings muss ich sagen, dass ich immer denke, ich wäre plötzlich in einem anderen Land, wenn ich in Helsinki unterwegs bin. Dennoch ist die Stadt ein Traum!

Rovaniemi und ganz Lappland kann ich jedem nur wärmstens empfehlen. Die Luft ist so unglaublich rein und man kann dort so viel machen. Huskeyschlitten und Rentierschlitten fahren macht zum Beispiel unheimlich Spaß, außerdem ist dort ja der Weihnachtsmann zu Hause! Die Polarlichter durfte ich auch schon sehen und es war das Schönste, was ich je gesehen habe. Am liebsten bin ich eigentlich in der Natur unterwegs. Hier in Finnland ist die Natur ständig präsent, was ich einfach toll finde. Im Sommer genieße ich die sanften Wellen auf den Seen und beobachte den Sonnenuntergang, welcher ein wahres Farbenspiel ist.

FinnTouch: Würdest Du sagen, dass es zwischen Deutschen und Finnen durchaus Mentalitätsunterschiede gibt? Oder ist im Endeffekt jeder Mensch für sich zu betrachten?

Clarissa: Die Frage ist nicht ohne… für mich sind alle Menschen natürlich gleich und ich mache da keinen Unterschied, aber man kann öfters Kulturunterschiede finden. Der größte Unterschied für mich ist eigentlich das „Respekt“-Verhalten. In Deutschland muss man eine Person sofort Siezen, wenn man diese nicht kennt. Hier in Finnland darf man jeden mit du/sinä ansprechen und ich finde, dass gibt der ganzen Kommunikation sofort einen informelleren Touch und man tritt einander freundlicher entgegen.

„Finnen sehen viele Dinge entspannter“

Finnen sehen viele Dinge auch viel entspannter. In Deutschland „darf“ man nach 20 Uhr nicht mehr anrufen, hier wird das nicht sooo streng gesehen. In Finnland muss man mindestens einmal die Woche in die Sauna, in Deutschland kostet ein Saunagang manchmal bis zu 20 Euro. Es sind, glaube ich, eher die kleinen Dinge, welche einem auffallen, wenn man hier wohnt oder wenn ein Finne in Deutschland wohnt.

FinnTouch: Könntest Du Dir vorstellen, eines Tages ganz nach Finnland zu ziehen?

Clarissa: Ich liebe natürlich auch Deutschland und Peru, die Heimat von meiner Mama, aber vollkommen ausgeschloßen ist es natürlich nicht. Meine Mama hat mir ja eigentlich schon das Auswanderungsgen in die Wiege gelegt, allerdings müsste ich dann mein Finnisch noch stark verbessern!

FinnTouch: Liebe Clarissa, vielen Dank für das kurzweilige Interview! Wir wünschen euch ganz viel Spaß und Erfolg mit eurer Aufführung und vergeben an dieser Stelle nochmal den Daumen nach oben für „Kaksi maata, yksi musiikki“. Genau solche Projekte sind es, die es schaffen, die Menschen aus verschiedenen Ländern zusammenzubringen.

Weitere Infos zum Projekt und Konzert findest Du auch auf Facebook und Twitter. Bilder: Clarissa Schumacher

 

Das offizielle Konzertplakat.

Das offizielle Konzertplakat.

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